EuGH: Mindest- und Höchstsätze der HOAI rechtswidrig – Jetzt wird das Honorar noch wichtiger!
Gastbeitrag der Rechtsanwälte Janko Geßner und Dr. Benjamin Grimm*
Anfang Juli hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze nach der deutschen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) rechtswidrig sind (Az: C-377/17). Der EuGH begründet seine Entscheidung insbesondere damit, dass in Deutschland nicht nur Architekten und Ingenieure Planungsleistungen erbringen dürfen, sondern auch „andere Dienstleister“ wie Bauzeichner oder Bautechniker. Das sei nach Ansicht der EuGH-Richter nicht kohärent.
Die Entscheidung hat für große Verunsicherung gesorgt. Gleichwohl müssen jetzt jedes deutsche Gericht, jede Behörde und auch jeder öffentliche Auftraggeber das Urteil beachten. Sie können nicht abwarten, bis der Gesetzgeber tätig wird. Relevant ist das nicht nur für laufende Honorarklagen, sondern auch für die Vergabe von Planungsleistungen. Es stellt sich die Frage, wie mit Mindestsatzunterschreitungen umzugehen ist, die schon im Angebot ersichtlich sind. Zudem sind viele Kommunen unsicher, ob und inwieweit die HOAI noch zur Grundlage von Planer-Vergaben gemacht werden kann.
Unsere Empfehlungen:
- Öffentliche Auftraggeber sollten bei der Vergabe von Planungsleistungen keine Ausschlüsse mehr wegen Mindestsatzunterschreitungen vornehmen. Ein solches Vorgehen ist nach der EuGH-Entscheidung rechtswidrig.
- Die HOAI mit ihren eingeführten Honorarparametern und Leistungsbildern stellt aber weiterhin eine gute Grundlage für die Beauftragung von Architekten und Ingenieuren dar. Sie kann auch zukünftig in Vergabeverfahren über Planungsleistungen als Orientierung verwendet werden.
- Die Bedeutung des Honorars als Zuschlagskriterium ist durch die Entscheidung gestärkt worden. Zukünftig können sich öffentliche Auftraggeber Rabatte auf das Gesamthonorar anbieten lassen, ohne dass dies durch die HOAI untersagt wäre. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Planungsleistungen im Leistungswettbewerb zu vergeben sind. Neben dem Honorar müssen daher auch qualitative Zuschlagskriterien vorgesehen sein.
- Abzuwarten bleibt, wie der Bundesgesetzgeber auf die Entscheidung aus Luxemburg reagiert. Derzeit ist offen, ob durch Berufszulassungsbeschränkungen die Mindestsätze gerechtfertigt oder ob die Regelungen der HOAI in Richtpreise – ohne Verbindlichkeit – umgewandelt werden sollen.
*Die Rechtsanwälte Janko Geßner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Dr. Benjamin Grimm, LL.M. (Dublin), Fachanwalt für Vergaberecht, gehören bei DOMBERTRECHTSANWÄLTE Part mbB der Praxisgruppe für Vergabe-, Zuwendungs- und Beihilfenrecht an. Sie übernehmen für Auftraggeber die vollständige Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation von Vergabeverfahren und beraten bei Auseinandersetzungen mit Bietern oder Zuwendungsgebern.