Elektronische Vergabe und UVgO ab Januar 2020

 

Im Oberschwellenbereich gilt bereits seit 18.Oktober 2018 die grundsätzliche Pflicht zur elektronischen Vergabe (eVergabe).

Im Unterschwellenbereich sieht §38 Abs.3 UVgO die Einführung der elektronischen Vergabe zum 01.01.2020 vor. In Brandenburg gelten jedoch weiter die Spezialvorschriften des §30 Abs. 3 KomHKV und des §55 LHO.

Kommunen ist nach §30 Abs.3 KomHKV die Anwendung des §38 Abs.3 UVgO freigestellt, d.h. sie können auch nach dem 01.01.2020 auf die elektronische Vergabe verzichten.

Landesvergabestellen sollen nach den Verwaltungsvorschriften Nr. 4.2 zu §55 LHO elektronisch vergeben. Auch für diese ändert sich zum 01.01.2020 zunächst nichts.

Als Auftragsberatungsstelle Brandenburg e.V. raten wir jedoch allen Vergabestellen, möglichst zügig ausschließlich elektronisch zu vergeben. Das ist weniger aufwändig, oftmals rechtssicherer und wird perspektivisch zum Standard werden.

Neue EU-Schwellenwerte (2020 – 2021) für EU-weite Vergabeverfahren

 

Nach dem 4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) findet das Vergaberecht nur auf Aufträge Anwendung, deren Nettoauftragswert die EU-weit einheitlichen Schwellenwerte erreicht bzw. überschreitet. Alle zwei Jahre werden die EU-Schwellenwerte, die in den EU-Vergaberichtlinien festgelegt sind, von der Europäischen Kommission geprüft und im Regelfall durch Verordnung geändert; zuletzt mit Wirkung zum 01.01.2018.

Gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) hat die Verordnung allgemeine Geltung. Einer Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber bedarf es nicht. D.h. die Verordnung ist in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar. Gleichwohl können die Mitgliedstaaten aber niedrigere/strengere Schwellenwerte vorgeben. Basierend auf den Schwellenwerten des General Procurement Agreement (GPA) werden die EU-Schwellenwerte in einer künstlich vom IWF geschaffenen Währungseinheit, den sog. Sonderziehungsrechten (SZR) angegeben, deren Kurs sich zum Euro laufend ändert. Die EU-Schwellenwerte werden daher alle zwei Jahre an die Sonderziehungsrechte in Abhängigkeit von den Kursveränderungen gegenüber dem Euro angepasst.

Mit Wirkung ab dem 01.01.2020 plant die Europäische Kommission die EU-Schwellenwerte für die Jahre 2020 – 2021 wie folgt anzupassen und voraussichtlich im Dezember im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen:

Bauaufträge NEU: 5.350.000 EUR
(Alt: 5.548.000 EUR)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge NEU: 214.000 Euro
(Alt: 221.000 EUR)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge (obere und oberste Bundesbehörden) NEU: 139.000 EUR
(Alt: 144.000 EUR)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge (Sektoren, Verteidigung/Sicherheit) NEU: 428.000 EUR
(Alt: EUR 443.000 EUR)
Konzessionen NEU: 5.350.000 EUR
(Alt: 5.548.000 EUR)
Sonstige Liefer- und Dienstleistungsaufträge NEU: 214.000 EUR
(Alt: 221.000 EUR)

Im Vergleich zur bisherigen Regelung sind die Schwellenwerte abgesenkt worden. Mit in Kraft treten gelten die neuen EU-Schwellenwerte dann ab dem 01.01.2020 für alle Ausschreibungen, die ab diesem Tage veröffentlicht werden. Bereits vor diesem Datum laufende Ausschreibungen sind dabei nicht umfasst.

Vergaberecht in Brandenburg nicht überfrachten

Eine Einschätzung der Auftragsberatungsstelle Brandenburg e.V. nach der Landtagswahl 2019

 

Oberstes Ziel und damit Primärzweck des öffentlichen Vergaberechts ist es, Beschaffungsvorgänge öffentlicher Auftraggeber wirtschaftlich zu gestalten. Diese Wirtschaftlichkeit wird durch einen fairen, transparenten Wettbewerb von Unternehmen gewährleistet.

Wettbewerb entsteht, wenn sich möglichst viele Bieter um einen Auftrag bewerben. Das tun sie, wenn sich der Aufwand, den Unternehmen mit öffentlichen Ausschreibungen haben, aus Ihrer Sicht lohnt.  Je bürokratischer, komplizierter ein Verfahren, desto weniger attraktiv wird die Teilnahme für Unternehmen. Bereits jetzt klagen viele Bieter über die hohen Hindernisse. Dieses führt insgesamt zu einer geringer werdenden Bereitschaft zur Teilnahme an Vergabeverfahrens der öffentlichen Hand in vielen Branchen. Das schadet dem Wettbewerb und bedingt schlechtere Wirtschaftlichkeit von Beschaffungsvorgängen für die öffentliche Auftraggeber.

Auf der anderen Seite hat die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion. Wenn sich schon nicht der Staat der Einhaltung bestimmter gewünschter Ziele verpflichtet fühlt, wie kann es dann von Privaten verlangt werden? Politische Kriterien wie bspw. Frauenförderung oder Mindestentgelt sind seit Jahren gesetzlich verankert, um veränderten gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden und diese zu steuern.

In den Wahlprogrammen der größeren Parteien zur Landtagswahl in Brandenburg fanden sich weitere ökologisch- und sozialpolitische Vorschläge. Neben einer Anhebung des Mindestentgeltes auf 13 EUR, einer Ausweitung von Tariftreueregelungen,  verbindliche Vorgaben für Arbeitsbedingungen und Mindestvergütungen für Azubis finden sich auch einige Punkte, die mehr Fragen aufwerfen als Probleme lösen: die Entbürokratisierung des Vergaberechts durch Beschneidung des Binnenmarktes, Aufbau einer Vergabekommission mit Beratungs- und Prüffunktion für Vergabestellen, verschiedene Nachhaltigkeitskriterien wie fairer Handel, klimagerechte Produktion, Erhöhung des Anteils regionaler und ökologischer Lebensmittel, die Einhaltung von Mindeststandards von Produktionsbedingungen im Herkunftsland, Verbot von Kinderarbeit, Ausgleichszahlungen beim Verstoß gegen ein einzuführendes Klimaneutralitätsgebot – die Liste mit Wünschen an das Vergaberecht ist lang. Die Zielstellung reicht von nationaler Abschottung bis „Linderung“ globaler Probleme wie der Regenwaldabholzung.

Unabhängig davon, ob man diesen politischen Zielen folgt oder nicht, sind viele Punkte im Hinblick auf das Auftragsvergabewesen problematisch. Der öffentliche Auftraggeber wird kaum in der Lage sein, deren Einhaltung zu überwachen und zu kontrollieren. Überträgt er die Nachweispflicht auf den Auftragnehmer, wird sich dies nachteilig auf den Wettbewerb und damit die Wirtschaftlichkeit auswirken. Der Staat wälzt eine eigentlich öffentlich-rechtliche Aufgabe zur Durchsetzung vom ihm selbst aufgestellter Standards auf private Unternehmen ab. Kleine und mittelständische Unternehmen – der Großteil der Brandenburger Wirtschaft – werden hierzu weder Willens noch in der Lage sein.

Die Einführung neuer politischer Vorgaben und daran ausgerichteter Vergabekriterien sollte deshalb mit Augenmaß erfolgen. Ein weiterhin enger Auftragsbezug wäre auch aus Sicht von Bietern wünschenswert.

Eine Überfrachtung des Vergaberechts mit politisch gewollten Sekundärzielen sollte in jedem Fall vermieden werden.

 

EuGH: Mindest- und Höchstsätze der HOAI rechtswidrig – Jetzt wird das Honorar noch wichtiger!

 

Gastbeitrag der Rechtsanwälte Janko Geßner und Dr. Benjamin Grimm*

Anfang Juli hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze nach der deutschen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) rechtswidrig sind (Az: C-377/17). Der EuGH begründet seine Entscheidung insbesondere damit, dass in Deutschland nicht nur Architekten und Ingenieure Planungsleistungen erbringen dürfen, sondern auch „andere Dienstleister“ wie Bauzeichner oder Bautechniker. Das sei nach Ansicht der EuGH-Richter nicht kohärent.

Die Entscheidung hat für große Verunsicherung gesorgt. Gleichwohl müssen jetzt jedes deutsche Gericht, jede Behörde und auch jeder öffentliche Auftraggeber das Urteil beachten. Sie können nicht abwarten, bis der Gesetzgeber tätig wird. Relevant ist das nicht nur für laufende Honorarklagen, sondern auch für die Vergabe von Planungsleistungen. Es stellt sich die Frage, wie mit Mindestsatzunterschreitungen umzugehen ist, die schon im Angebot ersichtlich sind. Zudem sind viele Kommunen unsicher, ob und inwieweit die HOAI noch zur Grundlage von Planer-Vergaben gemacht werden kann.

Unsere Empfehlungen:

  • Öffentliche Auftraggeber sollten bei der Vergabe von Planungsleistungen keine Ausschlüsse mehr wegen Mindestsatzunterschreitungen vornehmen. Ein solches Vorgehen ist nach der EuGH-Entscheidung rechtswidrig.
  • Die HOAI mit ihren eingeführten Honorarparametern und Leistungsbildern stellt aber weiterhin eine gute Grundlage für die Beauftragung von Architekten und Ingenieuren dar. Sie kann auch zukünftig in Vergabeverfahren über Planungsleistungen als Orientierung verwendet werden.
  • Die Bedeutung des Honorars als Zuschlagskriterium ist durch die Entscheidung gestärkt worden. Zukünftig können sich öffentliche Auftraggeber Rabatte auf das Gesamthonorar anbieten lassen, ohne dass dies durch die HOAI untersagt wäre. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Planungsleistungen im Leistungswettbewerb zu vergeben sind. Neben dem Honorar müssen daher auch qualitative Zuschlagskriterien vorgesehen sein.
  • Abzuwarten bleibt, wie der Bundesgesetzgeber auf die Entscheidung aus Luxemburg reagiert. Derzeit ist offen, ob durch Berufszulassungsbeschränkungen die Mindestsätze gerechtfertigt oder ob die Regelungen der HOAI in Richtpreise – ohne Verbindlichkeit – umgewandelt werden sollen.

 

*Die Rechtsanwälte Janko Geßner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Dr. Benjamin Grimm, LL.M. (Dublin), Fachanwalt für Vergaberecht, gehören bei DOMBERTRECHTSANWÄLTE Part mbB der Praxisgruppe für Vergabe-, Zuwendungs- und Beihilfenrecht an. Sie übernehmen für Auftraggeber die vollständige Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation von Vergabeverfahren und beraten bei Auseinandersetzungen mit Bietern oder Zuwendungsgebern.

 

 

Synopse zu den Änderungen der VOB/A 2019 (Abschnitte 1 – 3) – Gastbeitrag von Herrn Rechtsanwalt John Richard Eydner

 

Die „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen“ (VOB) kommt nicht zur Ruhe. Der Teil A (VOB/A) wurde bereits mit der Vergaberechtsreform im Jahr 2016 überarbeitet. Im letzten November beschloss der „Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen“ (DVA) jüngst weitere Änderungen. Die geänderte Fassung wurde nun mit einiger Verzögerung am vergangenen Dienstag als „- Ausgabe 2019 -“ im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Den amtlichen Text der neuen Fassung finden Sie im Bundesanzeiger (www.bundesanzeiger.de > Schnellzugriff > zum Amtlichen Teil > 19.02.2019 > B2). Die Änderungen können Sie unter VOB-A 2016-2019 Synopse nachlesen.

Die Änderungen konzentrieren sich vor allem auf den 1. Abschnitt der VOB/A (Unterschwellenbereich). Hier wurde insbesondere die Wahlfreiheit zwischen der Öffentlichen und Beschränkten Ausschreibung (mit Teilnahmewettbewerb) eingeführt. In beiden Abschnitten (auch für den Oberschwellenbereich) wird nun die Zulässigkeit von mehreren (parallelen) Hauptangeboten erstmals ausdrücklich geregelt. Außerdem wurden in beiden Abschnitten die Möglichkeiten bzw. Pflichten zur Nachforderung fehlender, unvollständiger oder fehlerhafter Angebotsunterlagen umfassend überarbeitet (s. Anlage).

Die geänderte Fassung der VOB/A tritt vorerst noch nicht in Kraft. Der neue 1. Abschnitt (Unterschwellenbereich) muss grundsätzlich im jeweiligen Haushaltsrecht von Bund, Ländern und Kommunen erst noch durch einen Anwendungsbefehl (etwa durch Gesetz, Verordnung oder per Erlass) eingeführt werden.

Auf Bundesebene ist das für Anfang März vorgesehen.

Auf Länderebene ist der neue 1. Abschnitt bereits seit dem Tag der Veröffentlichung anzuwenden, wenn das Landesvergabegesetz einen dynamischen Verweis auf die jeweils gültige Fassung der VOB/A beinhaltet. In den übrigen Bundesländern wird das sicher noch eine Weile dauern.

Und auf kommunaler Ebene – dort ist man teilweise noch mit der Einführung der Ausgabe 2016 beschäftigt.

Der 2. Abschnitt (Oberschwellenbereich) wird erst mit einer entsprechenden Änderung der Vergabeverordnung (VgV) wirksam. Ein konkreter Plan hierzu war aus dem Bundeswirtschaftsministerium bisher noch nicht zu hören. Über den Hintergrund der neuerlichen (und sicher nicht der letzten) Änderungen der VOB/A darf man spekulieren. Ein Grund mag darin liegen, dass im Koalitionsvertrag der Großen Koalition widersprüchliche Aussagen dazu enthalten sind, ob die VOB/A weiter existieren soll oder nicht. Bei der letzten Vergaberechtsreform in 2016 war die VOB/A noch verschont geblieben. Schon damals wurde aber immer lauter die Frage gestellt, warum nicht auch die VOB/A in der Vergabeverordnung (VgV) aufgehen sollte (so wie es damals der VOL/A und VOF erging). Jetzt soll es eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung geben, die ergebnisoffen prüft, ob die VOB/A weiter existieren darf oder nicht. Die fortwährende Überarbeitung und Fortentwicklung der VOB/A dürfte wohl – zumindest auch – ein Versuch sein, die Existenzberechtigung der VOB/A durch beständige Erneuerung zu unterstreichen. Ob es die VOB/A schaffen wird, in rund sieben Jahren (2026) ihr hundertjähriges Jubiläum zu begehen, bleibt abzuwarten.

Herr Rechtsanwalt John Richard Eydner (LANGWIESER RECHTSANWÄLTE Partnerschaft mbB, www.langwieser.de) ist spezialisiert auf das gesamte Spektrum des Vergaberechts. Er berät auch in den angrenzenden Schnittstellen zu anderen Rechtsgebieten. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die rechtssichere, vorausschauende und praktische Gestaltung bzw. Begleitung von Vergabeverfahren.